Crowdlending ist auch in Deutschland eine mögliche Alternative zum herkömmlichen Bankkredit geworden. Dabei handelt es sich um viele Darlehen von Privatpersonen, die mithilfe einer Crowdlending Plattform vermittelt werden.
Inhaltsverzeichnis
Das Wichtigste in Kürze
- Crowdlending ist ähnlich wie Crowdfunding. Es werden privat Kredite vermittelt, die allerdings im Gegensatz zum Crowdfunding zurückgezahlt werden müssen.
- Es gibt Plattformen für die Suche nach geeigneten Krediten, auf denen auch ein Kreditantrag gestellt werden kann.
- Unterschieden wird zwischen „Peer to Peer Lending“ von Privatperson zu Privatperson und dem „Peer to Business Lending“, bei dem ein Unternehmen als Kreditnehmer fungiert. Letzteres ist vorwiegend für Startups oder Selbstständige interessant.
Definition Crowdlending
Der Begriff „Crowdlending“ setzt sich aus den englischen Worten für „Menschenmenge“ und „Leihe“ zusammen. Dadurch wird schon gut beschrieben, worum es sich handelt: Mehrere Personen leihen einem Kreditnehmer Geld. Es handelt sich bei den Kreditgebern ausschließlich um Privatpersonen, während die Kreditnehmer sowohl Privatpersonen als auch Unternehmen oder Startups sein können.
Auf einer speziellen Crowdlending- oder Peer to Peer-Plattform werden private Kreditgeber und Kreditnehmer zusammengeführt. Es gibt zusätzlich Plattformen für Privatpersonen, die ihr Geld an Unternehmer verleihen möchten. Jeder Anleger entscheidet dabei selbst, wie viel Geld er verleiht und an wen.
Crowdlending vs. Crowdfunding
Die Crowdlending Definition unterscheidet sich von Crowdfunding. Im ersten Fall erhalten die Kreditgeber das Geld zurück, meistens sogar mit einem vorher festgelegten Zinssatz. Im zweiten Fall, dem Crowdfunding, investieren die Geldgeber in ein Projekt, ohne die Investition zurückzuerhalten. Dafür werden sie beispielsweise am Unternehmenserfolg beteiligt oder erhalten das unterstützte Produkt letztlich kostenfrei. Crowdfunding kann privat oder im Rahmen eines Unternehmens erfolgen.
Peer to Peer Lending
Der Peer to Peer Kredit ist ein Crowdlending Darlehen, das von einer privaten Person an eine andere Privatperson gewährt wird. Ein Synonym ist das Peer to Peer Lending oder das Person to Person Lending. Der Begriff „Peer“ im Peer to Peer Kredit bezeichnet dabei ins Deutsche übersetzt einen „Gleichgestellten“. Der Geldverleih erfolgt also auf einer gleichgestellten Ebene. Kreditgeber kann eine einzelne Person sein oder es handelt sich um mehrere Darlehensgeber – das ist in der Regel abhängig von der benötigten Summe.
Peer to Business Lending
Das Peer to Business Lending oder der Peer to Business Kredit, der manchmal auch als „P2B-Lending“ abgekürzt wird, umschreibt hingegen die Kreditvergabe von Privatpersonen an Unternehmen. Häufig handelt es sich bei den Kreditnehmern um Startups, die eine erste Finanzierungshilfe benötigen. Manchmal greifen aber auch bestehende Firmen auf den Peer to Business Kredit zurück – oder eine selbstständige Person nutzt ihn, um geschäftliche Anschaffungen zu tätigen oder vorübergehende Auftragsengpässe zu überbrücken. Wie auch beim Peer to Peer Kredit können mehrere Geldgeber hinter einem Darlehen stehen oder es handelt sich um eine 1:1-Beziehung zwischen Kreditnehmer und Kreditgeber.
Sonderform: Social Lending
Das Social Lending ist eine besondere Form des Crowdlendings, denn in diesem Fall verzichtet der Kreditgeber auf Zinsen. Er erklärt sich also dazu bereit, einen Kredit zu gewähren, ohne einen eigenen Nutzen daraus zu ziehen. Das Social Lending zielt lediglich auf die Rückzahlung des ursprünglich geliehenen Betrags. Für Social Lending gibt es in der Regel eigene Plattformen.
Wie funktioniert Crowdlending?
Crowdlending ist für private Geldanleger ebenso attraktiv wie für Personen, die einen Kredit benötigen und vielleicht keinen von ihrer Bank erhalten. Der erste Weg führt dabei zu Crowdlending-Plattformen, die auch in Deutschland immer populärer werden.
Plattformen für Crowdlending finden
Das P2B oder P2P Lending in Deutschland kann auf einer entsprechenden Plattform betrieben werden. Eine beliebte Peer to Peer Plattform ist beispielsweise Auxmoney. Insgesamt gab es im Jahr 2016 13 deutsche Portale, auf denen private Kreditgeber Geld verleihen konnten. Bei zehn von ihnen handelt es sich um Crowdlending Plattformen, auf denen auch unternehmerische Kreditnehmer Geld erhalten. Bei drei sind Privatpersonen die Begünstigten; es handelt sich also jeweils um eine Peer to Peer Plattform.
Crowdlending Plattformen in Deutschland weniger verbreitet
Das Peer to Peer Lending in Deutschland nimmt langsam Fahrt auf. So verbreitet wie die die großen Crowdlending Marktplätze in den USA, beispielsweise Kiva und Lending Club, ist es allerdings noch nicht.
Crowdlending: Vom Antrag bis zur Auszahlung
Zunächst stellt eine Privatperson oder ein Unternehmen einen Kreditantrag auf der Crowdlending-Plattform ihrer / seiner Wahl. Der Antrag wird durch Algorithmen und die Abfrage von Risiken und Datenbanken geprüft. Kundenberater oder händische Überprüfungen gibt es nicht. Allerdings umfasst das automatische Prüfverfahren die Überprüfung der Bonität des Antragsstellers und auch die benötigte Kreditsumme. Der Kreditnehmer erhält anhand der Berechnungen eine Risikoklasse, woraus sich der Zinssatz ergibt, der gezahlt werden muss..
Wurde die Kreditanfrage bewilligt, erscheint sie auf der Plattform. Die Kreditinteressierten können dort beschreiben, wofür sie das Geld benötigen. Startups haben hier die Chance, mit einem Business Plan oder einer aussagekräftigen Projektbeschreibung zu überzeugen. Die Kreditgeber sehen die Angebote und entscheiden flexibel und frei, wem sie ihr Geld zur Verfügung stellen möchten. Das ist oft schon mit kleinen Beträgen möglich. Die Kreditgeber, die bereit sind, für ein Projekt zu zahlen, werden „gesammelt“, bis die Darlehenssumme erreicht wurde. Manchmal reicht auch ein einziger Investor aus. Anschließend erhält der Kreditinteressierte über ein Kreditinstitut, das die Plattform vermittelt, das Geld.
Zwei mögliche Geschäftsmodelle für Crowdlending
In Deutschland wie auch in anderen Ländern sind für das Crowdlending zwei Geschäftsmodelle verfügbar. Unterschieden wird zwischen Crowdlending ohne Intermediär und Crowdlending mit Intermediär.
Crowdlending ohne Intermediär
Crowdlending Plattformen ohne Intermediär zeigen die Projekte der Kreditinteressierten an. Kreditgeber können investieren. Wurden genügend Kreditgeber für die benötigte Summe gefunden, kümmert sich die Peer to Business oder Peer to Peer Plattform um ein Kreditinstitut. Es kommt zum Kreditvertragsabschluss zwischen diesem und dem Kreditnehmer. Das Kreditinstitut absolviert indes die Formalitäten rund um den Rückzahlungsanspruch der einzelnen Anleger. Eine weitere Institution oder Person ist in diesem Modell nicht beteiligt.
Crowdlending mit Intermediär
Wie auch beim Crowdlending ohne Intermediär erfolgt zunächst die Suche über eine Crowdlending Plattform nach Geldgebern. Sind diese gefunden, wird ebenfalls ein Kreditinstitut für den Abschluss vermittelt. Der Unterschied zum ersten Modell ist jedoch, dass der Rückzahlungsanspruch nicht an die Investoren, sondern an einen Intermediär abgetreten wird. Dieser gehört zur Plattform und kümmert sich wiederum um die Rückzahlungsansprüche der einzelnen Anleger.
Crowdlending: Chancen und Risiken für Anleger
Crowdlending ist in erster Linie für Personen und Unternehmen interessant, die keinen herkömmlichen Bankkredit erhalten. Doch auf der anderen Seite bieten sich Chancen: Die Anleger können sich in der Regel auf eine hohe Rendite freuen. Zu beachten ist aber, dass davon die Vermittlungsgebühren der jeweiligen Plattform abgezogen werden und unter Umständen die Abgeltungssteuer für Zinsgewinne anfällt. Dennoch sind Renditen von bis zu fünf Prozent für Crowdlending Investoren realistisch.
Natürlich gilt auch hier die Faustregel: Je höher die Rendite ausfällt, desto größer ist das Risiko.
Dieses sieht bei Crowdlending so aus, dass Investoren im schlimmsten Fall mit einem Totalverlust des geliehenen Geldes rechnen müssen. Daher eignet sich diese Anlageform nur für mutige Anleger. Ein Vorteil des Crowdfundings ist hingegen wiederum, dass keine Mindestanlagesummen erforderlich sind. Schon Beträge ab 25 Euro können frei in einzelnen Projekten angelegt werden. Anleger entscheiden dabei selbst, wer das Geld bekommt.
Was, wenn die Rückzahlung nicht erfolgt?
Im Ernstfall erwartet der Anleger die verspätete oder gar nicht erfolgende Rückzahlung des geliehenen Geldes. Dann kommt es zunächst zu einem Mahnprozess gegen den Kreditnehmer und den Einsatz eines Inkassounternehmens. Sollte sich der Kreditnehmer als zahlungsunfähig erweisen, kann ein Totalverlust für den Kreditgeber die Folge sein. Um das zu vermeiden, sollte der Kreditgeber sorgfältig überlegen, wem er wie viel Geld zur Verfügung stellt.
In der Praxis erscheint die Unterstützung von Startups und Unternehmen auf den ersten Blick weniger riskant. Doch kann sich auch nicht jede Firma dauerhaft am Markt behaupten. Hier gilt es abzuwägen, wie wahrscheinlich ein Firmenerfolg ist.
Vor- und Nachteile von Crowdlending im Überblick
Vorteile | Kredit ist recht schnell und unkompliziert verfügbar | Flexibilität für Kreditnehmer und Kreditgeber | auch für Risikogruppen ist ein Crowdlending Kredit generell verfügbar | manchmal Kredite ohne Zinsen möglich (Social Lending) | für Investoren: Oft hohe Rendite |
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Nachteile | Investoren entscheiden, wer Geld bekommt: Daher erhält Kreditinteressent nicht immer sein Darlehen | unterschiedliche Zinsgebühren möglich | für Investoren: Risiko des Komplettverlustes | mitunter lange Wartezeiten, wenn kein Geldgeber gefunden wird |
Wer profitiert besonders von Crowdlending?
Besonders geeignet sind Crowdlending Kredite für Unternehmen und Personen, die zu bestimmten Risikogruppen gehören. Ob geringe Bonität oder Arbeitslosigkeit, ob Selbstständigkeit oder befristeter Arbeitsplatz: Viele Faktoren können beim gewöhnlichen Bankenkredit für eine Ablehnung oder sehr hohe Zinssätze sorgen. Crowdlending ist für Betroffene eine mögliche Alternative.
Ausblick: Gibt es eine Zukunft für Crowdlending?
Die Marktentwicklung zeigt, dass das Interesse an Crowdlending wächst. Im Jahr 2005 ging die erste Crowdlending Plattform an den Start. Diese Plattform mit Namen „Zopa“ stammt aus Großbritannien. Seither breitete sich die Begeisterung auch auf andere Länder aus. Allein im Jahr 2012 wurden weltweit rund 1,5 Milliarden Euro in Kreditform per Crowdlending vermittelt.
In Deutschland dauerte es etwas länger, bis sich dieses auf den ersten Blick ungewöhnliche Modell etablieren konnte. 2007 gab es erste Anbieter, die heute aber teilweise nicht mehr tätig sind. Dafür kamen in den Jahren 2013 bis 2015 einige neue hinzu – Tendenz steigend. Auch einstige reine Kreditvergleich-Websites erweiterten ihr Portfolio um den Aspekt des Crowdlendings. Zusammen mit dem Crowdfunding entwickelt es sich als gute Alternative für die Finanzierung von Startups und Co, wenn kein gewöhnlicher Bankkredit in Frage kommt.
Fazit: Crowdlending bietet einige Chancen
Crowdlending kann Chancen bieten, wo zuvor keine Kredite bewilligt wurden. Für viele Freiberufler oder Privatpersonen mit schlechter Bonität ist diese Kreditvergabe ein möglicher Ausweg. Auch für Anleger erscheint das Modell interessant, da mitunter eine hohe Rendite winkt. Die Investitionsfreiheit erlaubt eine Risikostreuung, dennoch muss teilweise mit hohen Verlusten gerechnet werden. Auf Anlegerseite gehört also ein gewisser Mut dazu, um das Crowdlending zu nutzen.