Innenfinanzierung: Investitionen & Ausgaben aus eigenen Umsätzen finanzieren
Viele Unternehmen nutzen neben der klassischen Fremdfinanzierung durch Bankkredite auch die Möglichkeiten einer Innenfinanzierung. Dadurch können sie unabhängig von fremden Kapitalgebern oder Banken finanzielle Mittel für nötige Investitionen aus eigenen Erträgen freisetzen. Eine Innenfinanzierung bietet so allen Unternehmen unabhängig von der Rechtsform oder Größe zahlreiche Chancen, Finanzierungpotenziale zu heben.
Inhaltsverzeichnis
Das Wichtigste in Kürze
- Bei einer Innenfinanzierung setzt ein Unternehmen finanzielle Mittel frei, ohne dass eigenes oder fremdes Kapital von außen zufließt.
- Bei guter Ertragskraft kann jedes Unternehmen unabhängig von der Rechtsform oder Größe die Wege der Innenfinanzierung erfolgreich nutzen.
- StartUp-Unternehmen oder Markteinsteiger, die schnell wachsen wollen, werden neben der Innenfinanzierung vor allem aber klassisches Fremdkapital oder Investoren benötigen.
Was ist eine Innenfinanzierung?
Für viele Unternehmen ist die Innenfinanzierung ein wichtiges Mittel, auch ohne Banken oder fremde Kapitalgeber, die eigene Geschäftstätigkeit laufend zu finanzieren. Dabei versucht das Unternehmen über die Mittel und Wege der Innenfinanzierung aus dem laufenden Betriebs- und Umsatzprozess seine Finanzen zu vermehren oder Vermögen umzuschichten.
Wesentliches Merkmal ist, dass kein eigenes oder fremdes Kapital von außen zufließt. Vielmehr werden in aller Regel die im Unternehmen gebundenen Mittel durch eine Innenfinanzierung freigesetzt. In der Regel erfolgt der Finanzierungseffekt aus ordentlichen wie auch außerordentlichen Geschäftsprozessen. Als Formen der Innenfinanzierung werden unterschieden:
- Finanzierung aus eigenen Umsatzerlösen: (a) Selbstfinanzierung, (b) Abschreibungen, und (c) Rückstellungen
- Finanzierung aus anderer Kapitalfreisetzung: (a) Rationalisierung, (b) Vermögensumschichtung
Übrigens: Für die Innenfinanzierung werden auch die Begriffe interne Finanzierung oder Selbstfinanzierung im weiteren Sinne benutzt.
Innenfinanzierung aus ordentlichen Geschäftsprozesse
Am häufigsten erfolgt die Innenfinanzierung über Umsatzerlöse. Dabei wird der Weg über die ordentlichen Geschäftsprozesse im Unternehmen gegangen. Zu der Innenfinanzierung aus Umsatzerlösen zählen:
Offene und stille Selbstfinanzierung
Die Selbstfinanzierung ist dann offen, wenn das Unternehmen den nach Steuern erwirtschafteten Gewinn teilweise oder komplett nicht an die Gesellschafter ausschüttet, sondern einbehält. Dann wird von der Thesaurierung der Gewinne gesprochen. In diesem Fall verzichten die Gesellschafter auf die Entnahme ihrer Gewinnanteile. Der im Unternehmen erwirtschaftete Gewinn verbleibt dort und wird dem Eigenkapital zugeführt. Er wird einerseits dem Eigenkapitalkonto des Unternehmens (Personengesellschaften) gutgeschrieben. Bei Kapitalgesellschaften erhöht der Betrag andererseits als Teil des Eigenkapitals die Bilanzposition „Gewinnrücklage“. Die Finanzmittel stehen damit zur weiteren Verwendung bereit.
Bei der stillen Selbstfinanzierung sind dagegen erwirtschaftete Gewinne nicht aus der Bilanz ersichtlich. Dabei werden nicht in der Bilanz ausgewiesene Gewinne einbehalten. Es handelt sich um Strategien, mit denen Unternehmen gezielt zulässige Spielräume im Handels- und Steuerrecht bei der Bewertung und der Bilanzierung ausschöpfen. So entstehen hier sogenannte stille Reserven: Entweder durch die Unterbewertung von Vermögensgegenständen (Aktiva), wie Grundstücken oder Maschinen, oder durch die Überbewertung von Rückstellungen (Passiva).
Abschreibungen
Bei der Finanzierung aus Abschreibungen spielt der Faktor Zeit eine wesentliche Rolle. Maschinen oder Anlagen, die für die Produktion oder Leistungserstellung im Unternehmen eingesetzt werden, nutzen sich dabei ab und verlieren so an Wert. Der Wertverlust wird abgeschrieben und wirkt steuermindernd. Obwohl die Maschinen und Anlagen erst später nach einer gewissen Zeit von Jahren durch den Verschleiß endgültig neu angeschafft werden müssen, fließen dem Unternehmen bis dahin Erlöse aus den verkauften Waren und Erzeugnissen zu. Den Abschreibungsbeträgen stehen damit nicht gleichzeitig tatsächliche Geldabflüsse gegenüber.
Somit setzen die Umsatzerlöse zunächst Mittel im Unternehmen frei die für Investitionen genutzt werden können. Aber: Die Abschreibungen müssen tatsächlich durch Umsatzerlöse (Einzahlungen) im Betrieb „verdient“ worden sein.
Rückstellungen
Auch hier ergibt sich im betrieblichen Alltag oft ein Finanzierungseffekt, der für die Innenfinanzierung genutzt werden kann. Ähnlich wie bei den Abschreibungen tritt der Effekt durch das zeitliche Auseinanderfallen von Ursache (theoretische Belastung) und Wirkung (Geldabfluss) ein. Rückstellungen können im betrieblichen Alltag gebildet werden, wenn dem Unternehmen aus seiner Geschäftstätigkeit mögliche Zahlungsverpflichtungen in der Zukunft drohen, wobei Höhe und Zeitpunkt noch nicht genau bestimmbar sind. Typische Fälle und Anlässe für Rückstellungen sind:
- Pensionen
- Klagen und Prozesse
- auf den (noch unbestimmten) Gewinn bezogene Steuern
- Boni, Rabatte oder Provisionen
- noch nicht gewährter Urlaub
- Beiträge zur Berufsgenossenschaft
- durch Garantiezusagen
Auch Rückstellungen können über die Verminderung des Jahresüberschusses die Steuerlast eines Unternehmens senken. Der eigentliche Finanzierungseffekt ergibt sich aber dadurch, dass sie bis zur tatsächlichen Auflösung und dem Eintritt des verursachenden Ereignisses zunächst in gleicher Höhe Finanzmittel im Unternehmen binden. Dieses Geld kann bis dahin für Investitionen oder den Schuldenabbau verwendet werden.
Innenfinanzierung durch außerordentliche Geschäftsprozesse
Eine Innenfinanzierung über außerordentliche Geschäftsprozesse erfolgt durch das Mittel einer sonstigen Kapitalfreisetzung. Im Prinzip wird hier kein zusätzliches Kapital geschaffen, sondern im Betrieb gebundenes Kapital „gehoben“ und in frei verfügbare Mittel umgewandelt:
- Über Maßnahmen der Rationalisierung: So werden zielgerichtet immer wieder alle Prozesse der Leistungserstellung im Betrieb unter die Lupe genommen. Ziel der Analyse ist es, betriebliche Produktions- und Umsatzprozesse effizienter zu machen. Sprich: mit weniger Kapitaleinsatz den gleichen oder höheren Umsatz zu erreichen. Dadurch wird im Betrieb unnötig gebundenes Kapital freigesetzt. Dieses Geld kann nun für Investitionen eingesetzt werden. Solche Maßnahmen der Rationalisierung betreffen insbesondere die Unternehmensbereiche
- Über Maßnahmen der Beschaffung & Disposition: Verringerung von Lagerbeständen oder der Lagerdauer, Einsatzplanungen etc.
- Über Maßnahmen der Verwaltung: Optimierung von Verwaltungsprozessen, Abläufe, Sachmitteleinsätze, Software etc.
- Über Maßnahmen der Produktion: Optimierung der Fertigungsprozesse, Abläufe, Mitteleinsätze, Software etc.
- Über Maßnahmen des Vertriebs: effizientere Vertriebswege, Auftragsbearbeitung, CRM, Aftersales etc.
- Über Maßnahmen das Rechnungswesen: schnellerer Rechnungsversand, kürzere Zahlungsziele, konsequenteres Forderungsmanagement etc.
- Durch Vermögensumschichtung: Sind Werte oder Gegenstände im Anlage- und Umlaufvermögen eines Unternehmens gebunden, stellt sich oft die Frage, ob sie unbedingt für die Produktion oder Leistungserstellung notwendig sind. Wenn nicht, können sie verkauft werden. Dadurch lassen sich recht schnell liquide Mittel freisetzen. Immer wieder wird daher in Unternehmen geprüft, ob nicht Bestände aus dem Anlagevermögen wie Immobilien, Grundstücke oder Werkswohnungen Patente oder Lizenzen Wertpapiere und Beteiligungen oder aus dem Umlaufvermögen wie Forderungen aus Lieferungen oder Leistungen veräußert werden können. Mit den freien Mitteln nach einer Vermögensumschichtung können dann entweder Schulden zurückgeführt oder Investitionen finanziert werden.
Welche Unternehmen können eine Innenfinanzierung in Anspruch nehmen?
Die klassischen Maßnahmen der Innenfinanzierung sind grundsätzlich nicht von einer bestimmten Rechtsform eines Unternehmens abhängig. Sie können generell von allen Unternehmen ergriffen werden. Insbesondere Unternehmen, die sich größere Zins- und Tilgungszahlungen sowie die Bereitstellung von Sicherheiten ersparen wollen, werden bevorzugt einzelne Instrumente der Innenfinanzierung für sich prüfen.
Voraussetzungen für eine Innenfinanzierung
Allerdings können es sich nur Unternehmen mit ausreichenden Vermögenswerten und guter Ertragskraft leisten, eine Innenfinanzierung zum Beispiel aus Umsatzerlösen längerfristig durchzuführen. Ebenso setzt eine Innenfinanzierung durch den Verkauf von Maschinen oder anderen Gegenständen des Anlage- oder Umsatzvermögens eine entsprechende Ausstattung sowie Reserven voraus. Vor allem kleinere Betriebe und Unternehmen im Aufbau dürften hier nur sehr begrenzte Möglichkeiten haben.
Welcher Unterschied besteht zwischen einer Innen- und Außenfinanzierung?
Wird nach dem Unterschied zwischen der Innenfinanzierung und Außenfinanzierung eines Unternehmens gefragt, so richtet sich der Blick immer auf die Herkunft der Mittel, die dem Unternehmen dabei zufließen. Die Antwort liegt also in der Frage: Woher kommt das Geld, mit dem das Unternehmen investieren oder Schulden bezahlen möchte? So finanziert sich bei der Innenfinanzierung das Unternehmen aus eigenen Mitteln, die es selbst erwirtschaftet. Das können Vermögenswerte oder Überschüsse aus der Geschäftstätigkeit sein. Oder anders ausgedrückt: der Finanzierungseffekt bei der Innenfinanzierung erfolgt aus der Verwendung oder durch die Freisetzung von Vermögenswerten.
Dagegen fließen bei einer Außenfinanzierung dem Unternehmen von außen Geldmittel zu. Diese Finanzierung wird genau betrachtet auch nicht durch die eigentliche Geschäftstätigkeit des Unternehmens verursacht. Insbesondere wird sie genau dann gebraucht, wenn das Unternehmen seine Geschäfte nicht mehr aus eigener Kraft finanzieren kann. Klassische Formen der Außenfinanzierung sind die Aufnahme von Bankkrediten oder eine Kapitalerhöhung.
Fazit: Zusätzliche Finanzmittel „frei Haus“ nutzen
Die Vorteile einer Innenfinanzierung liegen für Unternehmen auf der Hand: Sie brauchen vor allem weniger Eigenkapitalgeber oder Banken. Es kommt also zusätzliches Geld quasi kostenlos auf internen Wegen in das Unternehmen. Vorausgesetzt, das Unternehmen ist ausreichend ertragsstark und muss nicht wie ein Start-up um jede finanzielle Ressource kämpfen. Denn über eine reine Innenfinanzierung lassen sich schnelles Unternehmenswachstum oder teure Zukunftsinvestitionen nachhaltig wohl kaum tragen. Unternehmen, die aber die Chancen einer Innenfinanzierung reichlich nutzen können, genießen dann den charmanten Vorteil: Ihnen bleibt erspart, dass fremde Kapitalgeber bei der Unternehmenspolitik mitreden oder diese sogar beeinflussen.