Schon lange sind es keine Einzelfälle mehr: Die Zahl der Banken, die von ihren Kunden zum Beispiel für angelegtes Tagesgeld Negativzinsen verlangen, ist inzwischen zweistellig. Für das den Banken anvertraute Geld erhalten die Kunden als finanzielle Entschädigung nicht wie bisher üblich Zinsen. Banken verlangen für das geparkte Geld mittlerweile Negativzinsen vom Kunden. Sie werden also dafür bestraft, dass sie ihr Erspartes zur Bank bringen. Daher ist der Vergleich von Konditionen und Zinsen für Bankeinlagen wichtiger denn je.
Inhaltsverzeichnis
Das Wichtigste in Kürze
- Bei Negativzinsen erhalten Privatkunden für Sparguthaben nicht mehr Zinsen, sondern müssen dafür noch etwas zahlen.
- Sind die Realzinsen negativ, ist die Inflationsrate höher als der Marktzins für Sparguthaben.
- Negativzinsen in Verbindung mit einer Teuerungsrate von bis zu 2,0 Prozent vernichten bereits nach wenigen Jahren erhebliche Vermögensteile.
- Aktuell verlangen in Deutschland rund zwei Dutzend vorwiegend kleinere Regionalbanken direkt oder indirekt Negativzinsen.
Definition Negativzinsen – und was ist ein negativer Realzins oder Nominalzins?
Statt wie bisher für die einer Bank anvertrauten Kundengelder einen Guthabenzins als zu zahlen, verlangen seit einiger Zeit immer mehr Banken in Deutschland Negativzinsen. Die Kunden dieser Banken müssen also Zinsen zahlen, wenn sie dort ihr Geld anlegen. Sie werden dafür sozusagen „bestraft“. Für diese Tatsache wird daher der Begriff „Negativzinsen“ gebraucht.
Im Zusammenhang mit Negativzinsen werden zwei Arten von Zinsen unterschieden:
- Negative Realzinsen: Unter Realzinsen sind die Zinserträge einer Geldanlage abzüglich der Inflation zu verstehen. Negativ sind diese Realzinsen, wenn die Guthabenzinsen etwa für Tagesgelder unterhalb der Inflationsrate liegen. . Denn wenn zum Beispiel für eine Spareinlage nur noch 0,4 Prozent Zinsen von der Bank gezahlt werden, aber eine Inflation (Geldentwertung) von rund 1,9 Prozent vorherrscht, büßt das angelegte Geld des Kunden deutlich an Kaufkraft ein.
- Negative Nominalzinsen: Sind dagegen auch die Einlagenzinsen vom Betrag her (nominell) unter 0,0 Prozent, also im negativen Bereich, verliert der Kunde zweifach: einerseits durch die vorhandene Inflation wie auch zusätzlich durch den negativen Nominalzins für die Spareinlagen. In diesem Fall zahlen Kunden also für das von ihnen der Bank geliehene Geld ein sogenanntes „Entgelt für das Guthaben“, oder eben Negativzinsen.
Unterschied zwischen Negativzinsen und Strafzinsen
Oft werden die Begriffe Negativzinsen und Strafzinsen synonym verwendet. Jedoch ist nicht dasselbe gemeint. Der Hintergrund zur Zinspolitik der Europäischen Zentralbank (EZB) verdeutlicht den Unterschied. So hatte die Zentralbank in den vergangenen Jahren seit der Finanzmarktkrise in den Jahren 2008/09 kontinuierlich den Leitzins abgesenkt. Seit März 2016 ist dieser bei 0,0 Prozent. Damit will die für die Zinspolitik verantwortliche EZB Anreize schaffen, dass die Konjunktur und der Konsum im Euro-Währungsgebiet weiter belebt werden. Die Niedrigzinspolitik soll vor allem eines bewirken: Es soll sich besonders für Verbraucher und Unternehmen lohnen, neue Kredite zu günstigen Zinsen aufzunehmen. Dadurch kann noch mehr Geld in Investitionen fließen. Denn die Banken sollen und können die günstigen Zinssätze an ihre Kunden weitergeben. Da jedoch die Banken mit dem Verleihen von Geld an ihre Kunden immer weniger verdienen, sind einige Kreditinstitute dazu übergegangen, Negativzinsen einzuführen.
Bei derart niedrigen Leitzinsen ließ zugleich auch das Interesse der Banken nach, Kredite an Kunden zu vergeben. Die Kreditinstitute legten viel lieber relativ risikolos ihre Gelder bei der Zentralbank an, solange dort noch positive Zinsen gezahlt wurden. Dagegen unternahm die EZB nun einen weiteren Schritt: Damit die Banken nicht ihr Geld zunehmend zinsbringend „bunkern“, sondern als Kredit an Ihre Kunden weitergeben, hatte die EZB einen negativen Einlagenzins, oder den sogenannten Strafzins, eingeführt. Das bedeutete praktisch, dass Banken für das Einlagern von Geldbeständen bei der EZB über Nacht einen Strafzins von 0,4 Prozent pro Jahr zahlen müssen.
Diese Regelung ist inzwischen seit mehreren Jahren gültig: Erstmals im Juni 2014 rutschte der EZB-Einlagenzins mit – 0,1 Prozent in den negativen Bereich. Danach senkte die EZB ihn weiter bis auf das derzeit aktuelle Niveau bei – 0,4 Prozent, welches seit März 2016 so besteht. Nun sind die Banken gezwungen, Gelder für Kredite zu vergeben, statt sie bei der EZB zu „parken“.. Auf diese Weise sollen Konsum und Investitionen in der europäischen Wirtschaft weiter angekurbelt werden.
Negativzinsen: Höhe, Auswirkung und ein Beispiel
Die Auswirkungen von Negativzinsen verdeutlicht dieses Berechnungs-Beispiel:
Kunde A Tagesgeldkonto | Einlagesumme | Zins | Kontostand Jahresende |
---|---|---|---|
1. Jahr | 250.000 € | -0,5 % | 248.750,00 € |
2. Jahr | 248.750 € | -0,5 % | 247.506,25 € |
3. Jahr | 247.506,25 € | -0,5 % | 246.268,72 € |
4. Jahr | 246.268,72 € | -0,5 % | 245.037,38 € |
Wenn ein Geldbetrag von rund 250.000 Euro bei einem Tagesgeldkonto mit negativem Zinssatz von – 0,5 Prozent angelegt würde, wäre das Vermögen nach vier Jahren um rund 5.000 Euro geschrumpft. Dabei ist noch nicht die eine aktuelle Inflationsrate von 1,5 bis 2,0 Prozent pro Jahr berücksichtigt. Unterm Strich würde danach das ursprüngliche, reale Vermögen um rund 10 Prozent gesunken sein.
Wer zahlt Negativzinsen?
Die erste Bank, die Negativzinsen in Deutschland einführte, war im Mai 2017 die Volksbank Reutlingen. Sie erhob einen Negativzins von – 0,5 Prozent bei Girokonten für jeden Sparer und ab dem ersten Euro. Allerdings hatte die Genossenschaftsbank später nach Beschwerden von Kunden und Verbraucherschützern sowie negativer Berichterstattung die Negativzinsen wieder zurückgezogen.
Andere Banken folgten hingegen später dieser Volksbank und führten Negativzinsen ein. Inzwischen gibt es in Deutschland mehr als ein Dutzend Banken, die Negativzinsen direkt oder indirekt über nicht mehr kostenlose Tagesgeldkonten von ihren Kunden erheben. Dabei handelt es sich überwiegend um kleinere regionale Sparkassen, Volksbanken sowie Raiffeisenbanken.
Negativzinsen: Vermeidung nur durch genaues Hinsehen möglich
Um Negativzinsen zu entgehen, müssen Bankkunden immer wählerischer in Punkto Geldanlage sein. Ein Blick in die oft online veröffentlichten Preisverzeichnisse der Banken zum Beispiel für Tagesgeldkonten kann Geldverluste ersparen. Zwar ist die Liste der Banken, die in Deutschland Negativzinsen für Kundeneinlagen eingeführt haben, noch nicht so lang. Aber der Druck durch die Strafzinsen bei der Europäischen Zentralbank auf die Bankhäuser ist groß. Es ist davon auszugehen, dass nicht nur immer mehr kleinere Regionalbanken diese Kosten an ihre Privatkunden in Form von Negativzinsen weitergeben werden, sondern auch größere Kreditinstitute.