Die Finanzierung durch Kapitalfreisetzung ist eine Alternative zur Kreditaufnahme für Unternehmen. Bereits vorhandenes, gebundenes Vermögen, das beispielsweise in Form von Maschinen besteht, wird zugunsten der Firma in finanzielle Mittel umgewandelt. Das Geld kann zur kurzfristigen Finanzierung genutzt werden, ohne dass Zinsen durch einen Geldgeber auftreten oder externe Verbindlichkeiten entstehen. Zur Verfügung stehen verschiedene Optionen, die von der Anpassung des Zahlungszeitraums der Kunden bis hin zur Reduzierung von Lagervorräten reichen.
Inhaltsverzeichnis
Das Wichtigste in Kürze
- Als Kapitalfreisetzung wird die Umwandlung von gebundenem Vermögen in finanzielle Mittel bezeichnet.
- Die Kapitalfreisetzung gilt als Alternative zu einem Kredit, bei der kein fremder Geldgeber benötigt wird.
- Es entsteht ein organisatorischer Mehraufwand für das Unternehmen, dafür entfallen aber jegliche Zinskosten.
Definition der Kapitalfreisetzung
Die Kapitalfreisetzung ist per Definition eine Finanzierung für Unternehmen und Firmen, die ohne externe Geldgeber oder Geldquellen durchgeführt wird. Es handelt sich also um eine Art der Innenfinanzierung. Die Kapitalfreisetzung wird auch Umschichtungsfinanzierung genannt – dieser Begriff beschreibt schon recht gut, was eigentlich dahintersteckt. So werden durch die Umwandlung gebundenen Vermögens liquide finanzielle Mittel geschaffen.
Verschiedene Optionen stehen für die Kapitalfreisetzung zur Verfügung: Beispielsweise kann bestehendes Vermögen in Form größerer Maschinen veräußert und anschließend zu einem günstigeren Preis geleast (also gemietet) werden. So schafft sich das Unternehmen kurzfristige Finanzpolster. Eine beliebte Möglichkeit ist außerdem die kontinuierliche Kapitalfreisetzung durch jährliche Abschreibungen.
Finanzierung durch Kapitalfreisetzung: Welche Varianten gibt es?
Für die Finanzierung aus einer Kapitalfreisetzung stehen dem Unternehmen unterschiedliche Maßnahmen zur Verfügung. Nachfolgend werden die verschiedenen Möglichkeiten erlutert.
Möglichkeit 1: Kapitalfreisetzung, indem der Forderungsbestand verringert wird
Stellen Unternehmen Rechnungen, haben diese immer ein gewisses Zahlungsziel. Durch die Reduktion des Zahlungsziels kann dementsprechend Kapital freigesetzt werden. Ein Beispiel:
Bisher zahlen Kunden des Unternehmens ihre Rechnungen immer binnen 45 Tagen. Dadurch verfügt das Unternehmen 45 Tage lang über offene Forderungen, allerdings nicht über die liquiden Mittel. Künftig wird das Zahlungsziel auf 30 Tage abgesenkt. So erhält das Unternehmen die Zahlungen bereits 15 Tage früher, was Kapital freisetzt.
Möglichkeit 2: Kapitalfreisetzung durch reduzierte Vorräte
Ein weiteres Beispiel für die Kapitalfreisetzung ergibt sich durch reduzierte Einkäufe. Vorräte und Lagerbestände können im Unternehmen vermindert werden, um die im Voraus getätigten Ausgaben zu verringern und infolgedessen mehr Kapital zur Verfügung zu haben. Der Bezug der benötigten Waren und Gegenstände erfolgt dann nicht mehr auf Vorrat, sondern immer dann, wenn die jeweiligen Produkte benötigt werden.
Natürlich erfordert dies eine strukturierte Planung und eine ständige Übersicht, um unnötige Wartezeiten für Kunden zu vermeiden. Dafür ist auch auf diese Weise eine Finanzierung durch Kapitalfreisetzung denkbar. Diese Variante ist allerdings nur für Firmen interessant, die Produkte verkaufen oder aus anderen Gründen auf verschiedene Bestandsmaterialien angewiesen sind.
Möglichkeit 3: Kapitalfreisetzung durch geringere Kapitalbindung
Eine geringere Kapitalbindung kann ebenfalls die Kapitalfreisetzung ermöglichen. Dahinter verbirgt sich die Verkürzung der sogenannten Kapitalbindungsdauer. Werden beispielsweise im Zuge einer Existenzgründung teure Maschinen und Werkzeuge für ein Unternehmen angeschafft, handelt es sich bei den Geräten zwar letztlich um die Investition von Eigenkapital – jedoch ist dieses erst einmal nicht in finanzieller Form verfügbar. Das Geld in Form der Waren unterliegt der Kapitalbindungsdauer, bis sich die Investition amortisiert hat.
Auf Maschinen kann in der Regel aber nicht verzichtet werden; eine Veräußerung kommt daher in diesem Bereich weniger in Frage. Die Kapitalfreisetzung durch geringere Kapitalbindung wird nur dann ermöglicht, wenn etwa Produktionszeiten beschleunigt werden. So können Werkzeuge effektiver genutzt und die Produktivität gesteigert werden. Auch ein cleverer Einsatz des Lagerbestandes erweist sich hier als sinnvoll.
Möglichkeit 4: Kapitalfreisetzung durch Vermögensveräußerung und Leasing
Wer teure Maschinen oder einen umfangreichen Fuhrpark im Einsatz hat, investiert hohe Anschaffungskosten. Auch verursachen Grundstücke und die Miete für große Fabrikhallen laufende Kosten. Diese können verringert werden, indem das jeweilige Vermögen veräußert wird. Diese Art der diskontinuierlichen Kapitalfreisetzung schafft durch den Verkauf ein Finanzpolster.
Wer jedoch auf die verkauften Maschinen und Produkte angewiesen ist, kann von dem so genannten „Sale-Lease-Back“-Modell profitieren. Bei diesem werden die verkauften Maschinen, Fahrzeuge oder Grundstücke anschließend geleast beziehungsweise gemietet. Sie können also wie gewohnt weiter genutzt werden, die Gebühr dafür teilt sich aber wie bei einer Miete üblich auf mehrere Monate auf. Nachteil: Die Besitzansprüche entfallen mit dem Verkauf.
Tipp: Auch immaterielle Güter eignen sich zur Veräußerung
Verfügt das Unternehmen über keine materiellen Güter, die für eine Veräußerung in Frage kommen? Im Zuge der Kapitalfreisetzung können auch immaterielle Güter wie beispielsweise gewisse Lizenzen oder Patente des Unternehmens veräußert werden. Dazu gehören auch Aktien und ähnliche Wertpapiere.
Möglichkeit 5: Kapitalfreisetzung durch Abschreibungen
Eine der wohl populärsten Möglichkeiten zur Kapitalfreisetzung ist die Kapitalfreisetzung durch Abschreibung. Je nach Methode und Nutzungsdauer der jeweils abgeschriebenen Produkte und Gegenstände sind Finanzierungen in unterschiedlicher Höhe möglich. Bei einer Abschreibung handelt es sich um die Verteilung der Anschaffungskosten eines Vermögensgegenstandes auf den Zeitraum seiner Nutzung. Dabei wird stets die Abnutzung des Gegenstandes berücksichtigt, wodurch der Wert der Güter im Laufe der Zeit sinkt. Eine Firma kann den Wert auf die gesamte Nutzungsdauer aufteilen.
- Beispiel für Kapitalfreisetzung durch Abschreibung: Ein Fahrzeug, das 10.000 Euro kostet und voraussichtlich fünf Jahre im Einsatz sein wird, wird jährlich mit 2.000 Euro abgeschrieben. Die Kapitalfreisetzung durch Abschreibung macht sich diesen Wert zunutze: Der Finanzierungseffekt ergibt sich aus dem zeitlichen Abstand zwischen dem Zahlungseingang von jährlichen Zuflüssen und der anschließenden Zahlung durch Reinvestitionen. Für den genannten Zeitraum wird der Zufluss nicht benötigt und kann anderweitig genutzt werden; es steht dem Buchungsaufwand der Abschreibung keine Ausgabe gegenüber. Somit bleibt das Geld im Unternehmen und muss nicht verwendet werden, um beispielsweise offene Rechnungen oder Löhne zu bezahlen.
Es handelt sich bei Abschreibungen in der Regel um eine kontinuierliche Kapitalfreisetzung, da gerade in großen Firmen regelmäßig Anschaffungen notwendig werden und sich die Anzahl der Abschreibungen somit steigert.
Vor- und Nachteile einer Innenfinanzierung durch Kapitalfreisetzung
Vorteile: Die Finanzierung aus einer Kapitalfreisetzung schafft dem Unternehmen den Vorteil, dass zusätzliches Geld ohne Kredit zur Verfügung steht. Weder ein Darlehen von der Bank noch ein Lieferantenkredit oder gar eine Finanzierung durch private Geldgeber sind vonnöten, um kurzfristige Engpässe zu überbrücken oder Finanzierungen zu tätigen. Die Finanzierung aus Kapitalfreisetzung erfolgt durch die Umschichtung des in anderer Form bestehenden Vermögens in finanzielle Mittel. Das schafft Unabhängigkeit und Flexibilität für die Firma, ist günstiger als ein zinspflichtiges Darlehen und bedingt nur einen geringen, bürokratischen Aufwand.
Nachteile Allerdings bestehen auch Nachteile bei der Kapitalfreisetzung als Innenfinanzierung. So grenzen gesetzliche Regelungen und Vorschriften den Handlungsspielraum von Unternehmen in diesem Bereich oft ein. Auch kann die Umschichtung des Vermögens langfristig dafür sorgen, dass die Gewinne des Unternehmens sinken, da es anderweitig an Kapital fehlt (zum Beispiel in Form der wichtigen Maschinen).
Weiterhin kann die Finanzierung aus Kapitalfreisetzung immer nur in begrenztem Umfang erfolgen. Je größer der Finanzierungsbedarf ausfällt, desto unwahrscheinlicher ist es, die Innenfinanzierung durch Kapitalfreisetzung zu ermöglichen. Auch stecken einige organisatorische Herausforderungen hinter dieser Finanzierungsart. So steht nicht selten eine umfangreiche Bestandsoptimierung am Anfang der Kapitalfreisetzung. Auch das Mahnwesen muss vielleicht im Zuge eines neuen und strengeren Forderungsmanagements gänzlich neu aufgerollt werden.
Vor- und Nachteile der Innenfinanzierung durch Kapitalfreisetzung auf einen Blick
Vorteile | Nachteile |
---|---|
Keine externe Finanzierung nötig | Unterliegt einigen Einschränkungen |
Keine Gebühren (z.B. durch Zinsen) | Kann Gewinn langfristig negativ beeinflussen |
Eigenverantwortlichkeit und Unabhängigkeit für die Firma | Nicht immer unbegrenzt möglich, oft nur bestimmte Beträge |
Hohe Flexibilität im Unternehmen | Umfangreicher Organisationsaufwand |
Alternative: Kredite für Unternehmen
Eine mögliche Alternative zu Kapitalfreisetzungen bilden nach wie vor diverse Darlehen für Firmen und Unternehmen. Allerdings bringen diese mitunter hohe Zinsen mit sich und bedingen eine Abhängigkeit von dem jeweiligen Geldgeber. Außerdem muss bedacht werden, dass nicht jede Firma von jedem Geldgeber einen günstigen Kredit erhält. So erweist sich gerade für die potenzielle Risikogruppe der Existenzgründer, die Kredite oft nur zu ungünstigen Konditionen erhalten, eine Kapitalfreisetzung als interessantere Option.
Fazit: Kapitalfreisetzung kann Firma Chancen schaffen
Bei einem akuten Finanzierungsbedarf kann die Kapitalfreisetzung im Unternehmen die richtige Lösung sein. Es kommt natürlich immer darauf an, wie hoch der jeweilige Bedarf ist und welche gebundenen Vermögenswerte überhaupt zur Verfügung stehen. Auch darf der Verwaltungsaufwand hinter der Vermögensumschichtung nicht unterschätzt werden.