Was früher als erstrebenswert galt, versuchen Banken heute zu vermeiden: hohe Guthaben auf privaten Sparkonten. Eisernes Sparen wurde vor einigen Jahren auch auf als sehr sicher geltenden Anlagen noch mit hohen Zinsen belohnt. Kreditinstitute können sich dieses Verfahren angesichts der aktuellen Niedrigzinsphase schlichtweg nicht mehr leisten. In den letzten Jahren sanken die Zinsen für traditionelle Spareinlagen und Tagesgeld stetig. Sparer werden heute teilweise sogar mit Negativzinsen „abgestraft“. Die Konsequenz: Wer sparen und zumindest die Inflationsrate für sein Guthaben ausgleichen möchte, muss deutlich höhere Risiken in Kauf nehmen.
Inhaltsverzeichnis
Das Wichtigste in Kürze
- Strafzinsen werden auch als Negativzinsen bezeichnet und kommen bei Tagesgeldern und auf Girokonten zum Einsatz.
- Kunden erhalten bei der Strafzinsberechnung ihre Einlagen nicht in voller Höhe zurück.
- Kreditinstitute dürfen nur Neuverträge mit Strafzinsen versehen.
Was sind Strafzinsen?
Strafzinsen sind einfach gesagt das Gegenteil von Guthabenzinsen. Anlagegelder nutzt die Bank in der Regel zum Weiterverleih an Kreditnehmer. Im Gegenzug erhalten Sparer Zinsen, da sie ihre Guthaben in den Kapitalmarkt einbringen. Manche Kreditinstitute erheben jedoch mittlerweile Gebühren für die einlagesichere Verwaltung des angesparten Geldes.
Exkurs: Einlagesicherung
Als einlagesichere Anlage gelten zum Beispiel Tagesgeldkonten oder klassische, institutseigene Sparprodukte wie das Sparkassenbuch. Die Einlagensicherung ist eine Art Haftungsgarantie der Banken, die Gläubiger vor dem Verlust ihrer Ersparnisse in Krisenzeiten schützen soll. Einlagen von Privatkunden sind bis zu einem bestimmten Betrag (üblicherweise 100.000 Euro pro Kunde) versichert. Durch die Einlagensicherung gelten deutsche Kreditinstitute als besonders sicher in der Verwaltung und Rückzahlung von Geldanlagen.
Niedrigzinsphase: Wirtschaft ankurbeln durch Förderung von Investitionen
Die Europäische Zentralbank (EZB) greift aktiv in den Kapitalmarkt ein. Durch Festlegung eines Leitzinses steuert sie bestimmten wirtschaftszyklischen Phänomenen entgegen. Zum Beispiel sinkt während einer Deflation der Leitzins (aktuell: 0,00 Prozent). Hierdurch wird das Sparen unattraktiv für Kapitalanleger, eher geben sie ihr Geld in Umlauf und tätigen Investitionen.
Auf der anderen Seite sind Kredite zu besonders günstigen Zinssätzen erhältlich. Die Hemmschwelle einer Kreditaufnahme sinkt für Verbraucher. Entsprechend werden häufiger Darlehen aufgenommen. Die Kreditgelder werden wiederum investiert, zum Beispiel in Konsumgüter, Immobilien oder Geschäftseröffnungen. Dadurch bleibt die Wirtschaft stabil beziehungsweise erlebt einen Aufschwung.
Hinweis: Dieses volkswirtschaftliche Konstrukt geht auf die theoretische Annahme des vollkommenen Kapitalmarktes zurück und dient als vereinfachter Erklärungsansatz.
Konsequenz von Strafzinsen: Sparer setzen auf gewagte Anlagenformen
Durch die Zinsentwicklung der letzten Jahre gleichen traditionelle Geldanlagen nicht einmal mehr die Inflationsrate aus. Zinssätze zwischen 0,1 und 0,3 Prozent sind derzeit üblich. Einige Kreditinstitute erheben sogar Negativzinsen für einlagesichere Geldanlagen. Die Sparer erhalten am Ende der vereinbarten Laufzeit also weniger Geld zurück, als sie eingezahlt haben. Daher geraten zunehmend gewagte Anlagegeschäfte in den Fokus der Sparwilligen. Anleger in Investmentfonds und Aktien haben Aussicht auf höhere Renditen. Dafür tragen sie aber auch ein entsprechend hohes Risiko für einen Verlust ihrer Ersparnisse.
Strafzinsen: Ab welchem Betrag?
Aktuell erheben nur wenige Kreditinstitute offiziell Strafzinsen für Einlagen. Darunter sehen die meisten Banken Negativzinsen nur für sehr hohe Sparguthaben vor. Die Grenzen liegen zum Beispiel bei 100.000 Euro, 250.000 Euro, 500.000 Euro oder höher. Dennoch sollten Kapitalanleger sich gut informieren, bevor sie sich für einen Sparvertrag entscheiden. Manchmal sind Strafzinsen als „Verwahrgelder“ getarnt. Schon ab einem minimalen Sparguthaben berechnet das Kreditinstitut dann Gebühren zwischen 5 Euro und 50 Euro für die Sparkontoführung.
Wer muss Strafzinsen zahlen?
Nicht jeder Privatkunde muss Strafzinsen zahlen. Bei Abschluss eines Neuvertrages sollten Anleger die Vertragsbedingungen genau studieren. Bestehende Einlagen dürfen jedoch nicht plötzlich mit Negativzinsen versehen werden. Dies entschied das Landgericht Tübingen nach einer Klage der Verbraucherzentrale Baden-Württemberg im Januar 2018.
Sind Strafzinsen rechtswidrig?
Das Urteil des Landgerichts Tübingen macht deutlich, dass Strafzinsen nicht grundsätzlich rechtswidrig sind. Schließlich werden Verbraucher nicht zum Abschluss eines Sparvertrages gezwungen. Angesichts der Einlagensicherung, die die meisten deutschen Kreditinstitute bieten, nehmen manche Kunden einen Kapitalverlust wohlüberlegt in Kauf. Lediglich Bestandskunden dürfen nicht für das Vertrauen, das sie bei Vertragsabschluss in ihr Kreditinstitut gesetzt haben, nachträglich abgestraft werden.
Beispielrechnung
Ein Kunde legt 100.000 Euro für sechs Monate auf einem Sparbuch an. Das Kreditinstitut berechnet einen Strafzins in Höhe von 0,4 Prozent (pro Jahr).
100.000 – (100.000 x 0,4 x 6 / (100 x 12)) = 99.800
Nach sechs Monaten erhält der Kunde 99.800 Euro zurück.
Fazit: Trotz Niedrigzinsphase nicht auf das Sparen verzichten
Strafzinsen setzen für Sparwillige ein eindeutiges Signal: Das Geld sollte lieber investiert werden und nicht auf einer Spareinlage „brachliegen“. Doch auch in der aktuellen Niedrigzinsphase müssen Verbraucher nicht auf das Sparen verzichten. Noch bieten Banken auch sicherheitsbewussten Kunden Alternativen, die zumindest akzeptable Renditen in Aussicht stellen. Im belebten Bankenmarkt finden sich weiterhin Anbieter, die auf die Erhebung von Strafzinsen und „Verwahrgeldern“ auf einlagesichere Geldanlagen gänzlich verzichten.